Deichman Bjørvika - Oslos neue Zentralbibliothek
| 05. August 2021 | Bibliotheken | International
Über neue öffentliche Bibliotheken in Europa hatten wir vor einiger Zeit hier schon berichtet. Nun, Impfung und relativ niedrige Inzidenz in Norwegen sei Dank, konnte ich den Sommerurlaub dazu nutzen, nebenbei die neue Osloer Zentralbibliothek Deichman Bjørvika zu besichtigen. Sie wurde vor einem Jahr, mitten im Pandemiejahr 2020, eröffnet.
Das neue Gebäude liegt nun äußerst zentral zwischen Hauptbahnhof und Oper, direkt am Oslofjord in bester Lage. So spazieren dort neben Nutzern auch viele Touristen bis abends um 22 Uhr herum.
Tritt man ein, wird man zunächst von einer vergleichsweise leeren Plaza mit Café und Selbstverbuchern empfangen. Im Untergeschoss hat man ein Belletristik- und Kinderbücher-Freihandmagazin eingerichtet.
Erst wenn man die große Rolltreppe in die höheren Stockwerke nimmt, erschließt sich einem die Ideenvielfalt, die bei der Einrichtung zum Tragen gekommen ist. Auf jeder der fünf Etagen gibt es besondere Räume, das reicht vom Tonstudio über einen Makerspace, Videowände bis hin zu einem Minikino. Davon ist coronabedingt allerdings leider aktuell noch viel geschlossen.
Besonders auffällig ist zum Beispiel die "Samtidsbiblioteket", ein Regal an Büchern mit leeren Seiten. Jeder kann darin was reinschreiben und damit selbst zum Autor werden, gleichzeitig kann auch jedes dieser Bücher ganz normal ausgeliehen werden.
Interessant ist auch die "Future Library", ein noch leerer Raum, der erst ab dem Jahr 2114 mit Büchern bestückt werden soll. Dazu wurde in der Nähe von Oslo ein Wald gepflanzt, dessen Bäume erst in 100 Jahren gefällt werden sollen. Aus dem damit hergestellten Papier werden Bücher von Autor*innen gedruckt werden, die heute größtenteils noch gar nicht geboren sind.
Bücher bzw. Medien zum Ausleihen in Freihand gibt's natürlich auch noch in Hülle und Fülle. Dabei ist man einen klassischen Weg gegangen und hat die Bücher thematisch grob nach DDC aufgestellt, die AV-Medien getrennt jeweils als eigene Musik-, Film-, Comic-Bereiche usw.
Hier hat man meiner Meinung nach sich die Chance vergeben, eine Aufstellung nach Themenkreisen / Reader Interests, unabhängig von der Medienart, in Teilen vorzunehmen - wie sie etwa auch in Deutschland mittlerweile breit in ÖBs Einzug hält. Wie nannte man das gleich noch - fraktale Bibliothek?
Auch die Lichtverhältnisse könnten noch etwas verbessert werden. Die große Glasfassade hat man innen mit einer Schicht von abschirmenden Panelen ausgestattet. So wird es in einigen Ecken ziemlich schummrig.
Positiv fallen aber im Gegenzug die gute Akustik und die unterschiedlichen Möblierungen auf, die für jeden individuell optimales Lernen, Lesen, Spielen, Kommunizieren und Arbeiten ermöglichen. Echt eine Bibliothek für alle!
(ag)
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